Director Nancy Meyers / Writer Nancy Meyers

Stars Robert de Niro, Anne Hathaway, Rene Russo, Anders Holm

USA 2015

 

"Wir brauchen mehr Zeit miteinander, wo wir wach sind."

Man lernt nie aus von Nancy Meyers punktet nicht mit der Anzahl an Lachern. Auch nicht mit besonders originellen Ideen oder Handlungssträngen, schlägt aber unbarmherzig zu, wenn er jene Tatsache auf den Punkt bringt, was den meisten Menschen in der heutigen Zeit abhandengekommen ist. Die Zeit an sich. Das Zeit nehmen. Sich Zeit nehmen für eine einzige Sache. Die bewusste Entscheidung Zeit mit Leben zu fühlen. Wach sein für das Hier und Jetzt, auszubrechen aus dem Hamsterrad der Überladung und Überfrachtung durch Informationen. Dem Ohnmächtigen Gefühl zu entfliehen, ständig präsent sein zu müssen aber niemals wirklich wo zu sein...


Die Stimme als Werkzeug zur Übermittlung von Emotionen und Sätzen ist dem modernen Homo sapiens weitestgehend verloren gegangen. Ins moderne Bild der Kommunikation rückt immer mehr eine Sprache, die nicht gesprochene ist, sondern digital getippt. Email, Twitter und Whatts App lösen das Persönliche ab. Das Emoticon die Emotion. Der gefällt mir Klick den wohltuenden Schulterklopfer, die meist mit einer sichtbaren Emotion einhergehende Anerkennung eines Kollegen. Skype ermöglicht den Kontakt mit einem lieben Freund auf der anderen Seite des Erdballs

ohne wirklich mit ihm in Kontakt zu treten. Seine Hand schütteln zu können, seinen Duft zu atmen und die Wärme zu spüren die dieser ausstrahlt. Die Oberfläche des blitzblanken Apple Bildschirms ersetz die Haut des Menschen, die wir sonst war nehmen, mit all ihren Facetten und Makeln. Man kann in der Nähe eines Menschen sein ohne im Nah sein zu müssen.

 

Die Stimme, eine warme Decke für die Seele

Jules Austin hat genau dieses Problem bzw. diesen Zustand des digitalen Sprechens erreicht. Als Chefin eines aufstrebenden Startup Unternehmens leidet sie daran jederzeit erreichbar zu sein, ständig in Kontakt mit verschiedenen Personen gleichzeitig sein zu müssen. Rund um die Uhr mit dem Smartphone hantierend, immer unter Strom. Ein Zustand des völligen digitalisierten Menschen, dem es nicht mehr gelingt wach zu werden, der im Strudel der Daten droht verloren zu gehen. Unfähig bewusst ein persönliches Gespräch zu führen das nicht dazu dient, effektiv zu sein, sondern sich um den Menschen gegenüber dreht. Indem es ums Zuhören geht oder dem Inne halten, zur Ruhe zu kommen und kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man mal eine Nachricht unbeantwortet lässt. Den Phantomschmerz des Zurückschreiben Müssens auszublenden.

Christian Brückner, Robert de Niros Stammsynchronsprecher sprach neulich im SWR 1 den Wetterbericht. Eine simple Abfolge von Fakten, die langweiliger nicht sein könnte. Was aber aus dem Mundraum von Brückner erklang eine Sinfonie aus Zahlen und Worten. Ein wahrer Freudentanz der Buchstaben auf Brückners Zunge, die sich erst zu Worten formierten, nur um dann in Sätzen gebündelt dem Ohr des Zuhörers zu schmeicheln. Brückner schafft es, das Sprechen zum Spektakel zu machen. So kam es auch, dass der Rezensent dieses Textes, der normalerweise Komödien meidet wie das Niveau einen Til Schweiger Film, Man lernt nie ausschaute. Aus dieser Lust heraus die Symbiose aus Stimme und Schauspieler des De Niro. Was auch durchaus passend zu

Message des Films passte. Synchronsprecher Brückner beherrscht sein Werkzeug wie kaum ein anderer.

 

In Man lernt nie aus spielt De Niro einen 70-jährigen Praktikanten, der genau auf diese Weise kommuniziert, welche im Büro der Neuzeit veraltet wirkt. Mit dem Kehlkopf und nicht dem Finger. Er wird es auch sein der seiner Chefin im Film zeigt, wie warm sich das gesprochene Wort um die Seele legen kann. Wenn man sich dazu entschließt Auge in Auge zu sprechen und die Barriere des Touchscreens durchbricht.

De Niros Stimme steht in Man lernt nie aus für eine Gattung der Kommunikation, die per se in der Welt von Jules nicht existiert. Es wird viel kommuniziert aber wenig gesagt in Man lernt nie aus. Dieser Umstand der Volldigitalisierung des Gesprächs ist der Gegner des Oldschool Gentleman De Niro. Sei es der nerdige Kollege, dessen Vorstellungskraft es übersteigt, dass nicht der Schlüssel zum Herzen einer Frau eine Whatts App Nachricht ist, sondern das gesprochene Wort. Oder die Unfähigkeit seiner Chefin zum physischen gefällt mir ihrer tüchtigen Assistentin. De Niro sagt dem Ganzen den Kampf an als Praktikant, der er aber eigentlich nie war, denn ein Praktikant ist in aller erster Linie einer, der lernt, in Man lernt nie aus, lernen aber nur die anderen. Das gesamte Umfeld in De Niros Tätigkeitsbereich, alle die sich darin bewegen werden Praktikanten in de Niros Universum. Seines Old Scooligen Verhaltens des persönlichen Sprechens und dem wundervollen Klang der Stimme von Brückner, der den Menschen vor den Bildschirmen lehrt, wie schön sprechen sein kann.

 

Mehr als ein paar gelegentliche Schmunzler kann Man lernt nie aus aber nicht abstauben. Hier schafft es Regisseurin Nancy Meyers nicht genau wie ihre Hauptdarstellerin in Kontakt mit ihren Zusehern zu treten. Es wird nicht persönlich genug. Keine Nähe und wenig Berührung mit den Lachmuskeln. Hier bleibt der Film ganz seinem Thema der digitalen Distanz treu und schafft es nicht diese zu durchbrechen. Schlecht ist er deshalb trotzdem nicht. Eher sogar über dem durchschnittlichen Sonntagnachmittag Film. Dafür sind die schauspielerischen Leistungen zu gut, die Optik zu nett sowie das Gesamtbild zu stimmig. De Niro, der auf seine alten Tage zunehmend dem komödiantischen Fache seine Aufmerksamkeit schenkt muss hier nicht allzu viel aufbieten um den Film zu stemmen. Mit routinierter Gestik und Mimik bringt er die nahezu zwei

Stunden Laufzeit mit Leichtigkeit ins Ziel.

 

Seine Herkunft kann Man lernt nie aus zu keiner Zeit verleugnen. Zu sehr ist er der Hollywood Doktrin verfallen, alles Schlimme nicht ganz so schlimm zu zeigen und als Gute noch etwas mehr gut als gut dar zu stellen. Das dreckige Bild des durchaus hinterhältigen Verhaltens, dem Betrugs an der eigenen Frau weicht somit einer schönen Kollage aus Entschuldigung und Einsicht, aus dem daraus wieder das Hollywood Bild wird, das man gerne sieht. Das Gute im Herzen von De Niro wird noch ein Klecks mehr gutem hinzugefügt, sodass er am Ende des Films ausläuft vor lauter Gutmenschlichkeit und Herzlichkeit. Kein Bild, das sich jeder gerne ins Wohnzimmer hängt aber damit ist wohl zu rechnen, wenn im Intro das Logo eines der üblichen Hollywood Jüngern erstrahlt. Man lernt nie aus besitzt in Bezug auf Komik und Nähe, die gleichen Defizite welches er versucht durch Robert De Niro zu bekämpfen. Man lernt nie aus bleibt eher in digitaler Nähe zum Zuseher, erinnert aber eindrucksvoll, dass wir mal wieder abschalten sollten um uns Zeit zu nehmen für ein persönliches Gespräch mit unseren Mitmenschen. Wach zu werden aus der Ermüdung und Faulheit der digitalen Freundschaften und Emotionen. Geht raus und umarmt einen Freund, das ist hundert Mal mehr Emotion als jedes Emoticon der Welt ausdrücken könnte.